Sicherungsgrundschuld
Die Sicherungsgrundschuld ist die Grundschuld, die aufgrund einer Zweckerklärung bestimmte Forderungen sichert. Entscheidend sind Valutierung, der Umfang der gesicherten Forderungen und der Rückgewähranspruch.
Kernelemente in der Praxis
- Zweckerklärung (Sicherungsvertrag): definiert, welche Forderungen (bestehend/künftig) die Grundschuld sichert.
- Valutierung: tatsächliche Inanspruchnahme; steuert Reichweite des Rückgewähranspruchs.
- Rückgewähranspruch: Löschung, Teilfreigabe oder Abtretung an den Eigentümer nach Tilgung.
- Abtretung / Gläubigerwechsel: sorgfältig prüfen (Rechtsnachfolge, Einwendungen aus Sicherungsvertrag).
- Rang & Zinsen: Zins- und Nebenleistungsvereinbarungen im Blick behalten, um das geringste Gebot korrekt zu kalkulieren.
Typische Streitpunkte
- Weite Zweckerklärungen („Kontokorrent“) vs. individuelle Kreditbeziehung.
- Teilvalutierung und Reichweite des Rückgewähranspruchs.
- Abtretung an Dritte: Einwendungsdurchgriff aus dem Sicherungsvertrag.
- Verwertung in der (Teilungs-)Versteigerung: Deckungsrechnung, bestehen bleibende Rechte, Bargebot.
Sicherungsvertrag zur Grundschuld
Kennzeichen der Sicherungsgrundschuld ist der Sicherungsvertrag. Er wird zwar in § 1192 Abs. 1a S. 1 BGB erwähnt, jedoch nur im Zusammenhang mit der Frage, welche Einreden der „Eigentümer aufgrund des Sicherungsvertrags mit dem bisherigen Gläubiger“ dem Erwerber einer Grundschuld entgegensetzen kann. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Sicherungsvertrags fehlt.
In der Praxis wird der Sicherungsvertrag üblicherweise durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) des Gläubigers gestaltet. Folge: Die Wirksamkeit misst sich am AGB-Recht. Entsprechend ist das Recht der Sicherungsgrundschuld stark durch richterrechtliche Einzelfallentscheidungen geprägt.
Seitdem hat sich die Praxis deutlich gewandelt: Statt pauschaler „weiter Zweckbestimmung“ (Sicherung aller gegenwärtigen und künftigen Ansprüche) wird heute differenziert, ob die Grundschuld eigene oder fremde Ansprüche sichert. Bei Drittsicherheiten wird der Deckungsbereich regelmäßig eng und individualisiert gefasst. Maßgeblich war hierfür die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, u. a.:
- BGH, Urt. v. 29.01.1982 – V ZR 82/81, BGHZ 83, 56 (Sicherung einer Drittverbindlichkeit).
- BGH, Urt. v. 19.09.1986 – V ZR 72/85, BGHZ 98, 256 (persönliche Haftungsübernahme).
- BGH, Urt. v. 12.12.1986 – V ZR 282/85, BGHZ 99, 203 (nachträgliche formularmäßige Abänderung einer mündlichen Sicherungsabrede).
- BGH, Urt. v. 20.02.1987 – V ZR 249/85, BGHZ 100, 82 (Drittsicherheiten bei kreditkundigem Unternehmen).
- BGH, Urt. v. 08.05.1987 – V ZR 89/86, BGHZ 101, 29 (Darlehen als Gesamtschuld mit Drittem).
- BGH, Urt. v. 30.10.1987 – V ZR 174/85, BGHZ 102, 152 (Einzelverbindlichkeiten bei Personenmehrheit als Sicherungsgeber).
- BGH, Urt. v. 15.01.1988 – V ZR 183/86, BGHZ 103, 72 (Ausdehnung des Sicherungszwecks kraft formularmäßiger Vollmacht).
- BGH, Urt. v. 18.11.1988 – V ZR 75/87, BGHZ 106, 19 (künftige Verbindlichkeiten eines Ehegatten bei Grundschuld auf Miteigentumsanteil des anderen).
- BGH, Urt. v. 10.11.1989 – V ZR 201/88, BGHZ 109, 197 (Ausdehnung auf Wechselverbindlichkeiten).
- BGH, Urt. v. 04.10.1995 – XI ZR 215/94, BGHZ 131, 55 (kein Wegfall des Überraschungseffekts durch zusätzliche Formularhinweise).
Ausblick: EuGH-Linie zu missbräuchlichen Klauseln
Nach Einschätzung von Rechtsanwalt Dr. Clemente sind einschneidende Änderungen der Formularpraxis zu erwarten – ausgelöst durch die neuere Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen.
Diese Sichtweise unterscheidet sich von der Linie des BGH, der – orientiert an § 305c Abs. 1 und § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB – primär „überraschende“ und „unangemessene“ Klauseln sanktioniert und bei fehlender gesetzlicher Regelung zum Sicherungsvertrag den Anwendungsbereich von § 307 BGB traditionell enger sieht (vgl. etwa BGH, Urt. v. 20.02.1987 – V ZR 249/85, BGHZ 100, 82–86 zur Vorgängerregelung in § 9 AGBG).
Nach der EuGH-Rechtsprechung spricht viel dafür, die Vertragskontrolle intensiver anzulegen. An der bisherigen BGH-Auffassung kann deshalb – so die Bewertung von Rechtsanwalt Dr. Clemente – nicht festgehalten werden.