Das „Spiel“ mit dem Höchstgebot – Ein Lehrstück aus der Praxis
1. Die Versteigerung
In einem Zwangsversteigerungsverfahren eines Berliner Grundstücks kam es zu einem ungewöhnlichen Verlauf. Während des Bietens trat ein Vertreter einer Gesellschaft auf, Herr G, der mehrfach Gebote abgab und schließlich mit dem Höchstgebot den Zuschlag zu erhalten schien.
Doch das entscheidende Detail: Für das Gebot war eine Sicherheitsleistung erforderlich – eine zwingende Voraussetzung, um ein Gebot wirksam abzugeben. Obwohl der Bieter behauptete, die Sicherheit bereits überwiesen zu haben, konnte das Gericht keine Zahlung feststellen. Der Rechtspfleger wies daher das Gebot gemäß § 70 Abs. 2 ZVG zurück (siehe Bild). Damit fiel der Zuschlag auf das zweithöchste Gebot eines anderen Beteiligten.
2. Die Zuschlagsbeschwerde
Unmittelbar nach dem Termin begründete der Anwalt der Gesellschaft die Zuschlagsbeschwerde. Er argumentierte, das Gericht habe die Sicherheitsleistung gar nicht angeordnet, daher könne die Zurückweisung des Höchstgebots nicht rechtmäßig gewesen sein. In seiner Begründung verwies er auf § 80 ZVG und § 165 ZPO: Nur das, was im Protokoll vermerkt sei, könne als geschehen gelten.
Da dort keine ausdrückliche Anordnung der Sicherheitsleistung protokolliert war, wollte er daraus ableiten, dass sie nicht verlangt worden sei – und forderte, der Zuschlag müsse nachträglich ihm erteilt werden. Das Beschwerdegericht stellte später klar, dass der Rechtspfleger die Sicherheitsleistung konkludent verlangt hatte und kein Ermessensspielraum bestand. Die Zurückweisung war somit rechtmäßig.
3. Das Forderungsschreiben des Anwalts
Kurz darauf meldete sich der Anwalt im Namen der Gesellschaft. Er teilte mit, seine Mandantin wolle die Beschwerde nur fortführen, wenn keine außergerichtliche Einigung erzielt werde. Zwischen den Beteiligten sei nach dem Termin besprochen worden, „im Austausch zu bleiben“, um das Verfahren gegebenenfalls durch eine Zahlung an die Gesellschaft zu beenden – gegen Rücknahme der Beschwerde.
Ein solches Vorgehen – bewusst ein anfechtbares Höchstgebot abzugeben, um anschließend Geld für die Rücknahme der Beschwerde zu fordern – zeigt, wie gezielt manche Akteure versuchen, das Vollstreckungsrecht instrumental zu nutzen.
Fazit
Dieser Fall verdeutlicht, dass das Vollstreckungsgericht kein Spielfeld für taktische Experimente ist. Wer ohne Sicherheitsleistung bietet, riskiert den Ausschluss – und wer eine Beschwerde bewusst inszeniert, um sich Vorteile zu verschaffen, muss damit rechnen, dass das Gericht und die Gegenseite die Mechanik durchschauen.